Engel.
Oder etwa doch nicht?
Diese Erörterung befasst sich mit einer der Figur des Buches
Hundert Tage von Lukas Bärfuss. Dabei begegnet David Hohl, der Protagonist des
Romans, einer schönen Afrikanerin namens Agathe. Im ganzen Buch gibt es mehrere
Situationen, in denen man sich fragt, ob Agathe wirklich so wandelbar ist wie
sie sich gibt, oder ob sie einfach nur kühn und berechnend ihren Plan
verwirklicht.
Agathe ist eine sehr komplexe Figur, was schon bei der
ersten Begegnung am Flughafen deutlich wird. David wird durch seinen
Gerechtigkeitssinn alarmiert und möchte der vermeidlich schikanierten Agathe
helfen, was jedoch bei ihr eine Reaktion der Verachtung auslöst. Durch diese
Aktion gekränkt, verändert sich das Bild des Entwicklungshelfers von der hübschen
jungen Frau schlagartig zu einer kühlen und verachtungsvollen Schwarzen, wie er
sie im Buch nennt.
Doch als er Agathe das zweite Mal auf der Krankenstation in
Lazarett begegnet, erscheint sie ihm als eine Engelsfigur, eine hilfsbereite und
liebenswert helfende Person. David kann sich nichts schöneres im Leben
vorstellen, als mit dieser Person Zeit zu verbringen. So ist David eine eher
wandelbare Persönlichkeit, ganz im Gegensatz zu der selbstbewusst auftretenden
Agathe.
Zumal sie wegen ihres Vaters mit einem ihrer Cousins
verheiratet werden soll, flüchtet sie mehr und mehr zu David und verbringt Zeit
mit ihm.
So will beispielsweise ihr Vater, ein angesehener Mann in Kigali, dass
sich Agathe in der naheliegenden Uni umschaut. Sie selber ist sich aber schon
vor der Besichtigung im Klaren, dass sie niemals an diesem Ort studieren
möchte. Solche Textstellen im Buch deuten auf einen sehr geplanten und kühlen
Menschen hin.
Agathe entzieht sich immer stärker der Familie und festigt
die Beziehung mit David. Dieser ist durch diese Wendung positiv überrascht und
entwickelt ein immer stärker werdendes Gefühl der Liebe zu dieser jungen
Afrikanerin. Agathe selbst spricht nie mit ihm über solche Themen und lässt
sich auch nicht von seinem Plan, sie in Kigali zu haben, überzeugen.
Dem entgegengesetzt erscheinen sporadische Bemerkungen oder
Situationen, welche man als Zuneigungsgeständnis interpretieren kann.
Beispielsweise als sie nach ihrer Arbeit in Lazarett beim Arbeitsplatz von
David auftaucht, um ihn zu einem Drink einzuladen und sich mit ihm unterhalten
will.
Zudem ist ein weiterer Fakt sehr entscheidend; Als sie den
Flieger nach Brüssel wegen den Straßensperren im Norden von Ruanda verpasste,
hätte sie in den folgenden vier Jahren, in denen sich der Roman abspielt,
genügend oft Zeit gehabt den Ort zu verlassen, was sie aber nie tat. Aus
welchen Gründen auch immer.
Aus meiner Sichtweise ist Agathe eine sehr wandelnde
Persönlichkeit. Sie erschient im Roman mehrere Male sehr kühl und berechnend.
Doch dem entgegengesetzt wird auch von einer jungen attraktiven Engelsfigur
erzählt, welche sich herzhaft um andere Menschen kümmert. Für mich ist sie
definitiv die kühne und berechnende Figur in einem unterhaltsamen Roman.
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